Der 3 Länder Giro – Die Einstiegsdroge für Alpenpässe

Der 3 Länder Giro ist ein seit 30 Jahren stattfindendes Megaevent, an dem aktuell rund 3000 Menschen jedes Jahr teilnehmen. Das kleine Örtchen Nauders in Österreich verwandelt sich stets im Juni für einige Tage in einen Radsportschmelztiegel und ist Start- wie auch Zielort zweier Routen. Angemeldete FahrerInnen können zwischen der 120km Vinschgau-Route mit 3000HM oder der 168km langen Engadin-Route mit 3300HM wählen. Das Highlight beider Routen ist der Aufstieg auf das Stilfser Joch, bei dem alle den rund 26km langen Anstieg auf über 2700 Meter Höhe überwinden müssen.

Der große Vorteil dieses Events ist, dass es neben der malerischen Kulisse eben vom Umfang her wirklich machbar ist. Der Ötztalmarathon ist rund doppelt so lange, der Marmotte deutlich anspruchsvoller und dennoch bietet der 3 Länder Giro mit dem Stilfser Joch eine der eindrucksvollsten Bergpassagen, die es in den Alpen gibt.

Morgens um 6.30 Uhr ging es los – ein Helikopter und einige Fahrzeuge mit Kameraleuten im geöffneten Kofferraum begleitete das Teilnehmerfeld über weite Strecken und lies direkt Tour-Feeling aufkommen. Tommi und ich waren in einer der vorderen Startgruppen unter den ersten 1000 platziert. Die ersten 30km waren unvernünftig flott, aber noch relativ moderat was die Höhenmeter anging. Gut aufgewärmt startete dann in Prad der Einstieg zum Aufstieg. Ab hier galt es, der eigenen Pacing-Strategie wirklich treu zu bleiben, d.h. nicht zu schnell zu starten und sich ein paar Körner aufzusparen. Die besten benötigen für den Aufstieg über die mehr als 45 Spitzkehren auf 26km mit über 1800HM unter 2 Stunden, viele aber durchaus auch 2 Stunden mehr. Von daher sollte man eine gute Vorstellung von der eigenen Leistungsfähigkeit haben und sich stetig am Puls oder den Wattwerten orientieren. Die Abfahrt danach ist anspruchsvoll, nicht nur technisch wegen der vielen 180 Grad Kurven, sondern auch fürs Material. Felgenbremsen sind eher abzulehnen (es gab nicht wenige Defekte diesbezüglich) und mein Kollege hatte eine gebrochene Speiche und musste leider aufgeben. Der Besenwagen hat ihn dann 3 Stunden später mitgenommen (etwas Geduld war also gefragt). Nach der Abfahrt schlängelt sich die Strecke sehr schön durch kleine Orte, am Reschensee vorbei und teilweise über gravelartige, aber gut fahrbare Radwege und fordert noch einiges an Höhenmetern. Je nach Ambition lässt sich das sowohl bei hohem als auch niedrigem Tempo „geniessen“.

Ab August öffnet wieder die Anmeldung für 2024. Selbst wenn man nicht zu den ersten (und damit besten Startplätzen) gehört, lassen sich auch viel später noch über einschlägige Facebook Foren ohne Aufpreis Karten von anderen Teilnehmenden übernehmen – so sind wir auch zu unseren guten Startplätzen gekommen. Wer einmal richtige Bergpässe auf einer abgesperrten (!) Strecke bei einem sehr gut organisierten Event mit vertretbarem KM Umfang erleben möchte, hat unserem Eindruck nach hier eine der besten Möglichkeiten! Wir sind nächstes Jahr wieder mit dabei.

Bild u. Text: Thorsten Dresing – RSV Marburg